Der WKV hat seine Jahresausstellung "Lieblingsstücke" genannt. Und genau die zeigen die Teilnehmer. Dazu schrieb Christian Lademann.
In Gedanken versunkene Frauengesichter von Hans Hochheim; Zeichnungen getrockneter Kirschblätter von Renate Bechthold; die detailliert skizzierte Ronneburg Christian Sämanns oder farbige Spielereien mit geometrischen Formen von Margret Uellenberg - all diese und weitere Fotografien, Zeichnungen, Malereien oder Skulpturen sind "Lieblingsstücke". Und zwar Lieblingsstücke der jeweiligen Schöpfer. Denn unter eben dieses Motto haben 17 Künstlerinnen und Künstler des Kunstvereins (WKV) ihre Jahresausstellung gestellt, deren Vernissage am Freitag in der Stadtgalerie den Auftakt der von Kulturdezernent Jörg Kratkey eröffneten "Nacht der Galerien und Museen" markierte. Und es gehört wohl Mut dazu, seinen privaten Geschmack als Künstler einmal ins Zentrum einer öffentlichen Schau zu stellen, bemerkte Ulrike Sott (Kulturamt) in ihren einführenden Worten. Aber: "Lieblingsstücke sind so vielfältig wie das Leben selbst. Manche begleiten uns Jahrzehnte, andere sind dem Wandel der Zeit unterworfen, manche haben einen rein ideellen Wert, der für Außenstehende kaum nachvollziehbar ist, andere sind im wahrsten Sinne des Wortes lieb und teuer geworden, beziehungsweise gewesen", schlüsselte Sott die Beweggründe für die Auswahl der 33 Kunstwerke auf. So sei für Regina Schnersch, die drei Skulpturen und Objekte aus Marmor, Basalt und Diabas-Stein präsentiert, stets das neueste Werk ihr jeweiliges Lieblingsstück. Ganz einfach. Und das müsste von den dreien dann eigentlich wiederum das "Segel" aus 2019 sein, eine aus Marmor geformte Figur, die trotz der Masse des Materials wegen ihrer geschwungenen, luftigen Form Leichtigkeit annimmt. Gelungen ist der Aufstellungsort dieses Objekts: Denn je nach Blickwinkel korrespondiert es mit der gleich daneben hängenden Fotografie "Messeturm Frankfurt" von Holger Daberkow. Und zwar weniger mit dem abgebildeten Messeturm selbst, sondern wegen der der starren geometrischen Form entgegengesetzten geschwungenen weißen Dachform einer Messehalle. Roderich Helmers Zeichnung (ohne Titel) auf einer zirka 4,60 Meter langen Papierbahn zeigt, sparsam dargestellt, eine Gruppe sich zusammenfindender junger Männer. Zwar hatte er die Arbeit nicht durchkomponiert, dennoch fügte er nach Vorbild Leonardos "Das letzte Abendmahl" nacheinander zwölf Bewegungsskizzen und Posen von Tänzern der Tanzcompagnie Gießen locker zusammen. Für andere Künstlerinnen und Künstler waren ihre Lieblingsstücke Schlüsselwerke: etwa Gabriele Hünningers Triptychon "Es ist dir gesagt, was gut ist", ein kraftvolles Set aus drei Bildern mit angedeuteten Menschen und Symboliken, eine Darstellung ihres Glaubensbekenntnisses. Ebenso Anne Helds foto-übermalte, großformatige und sogleich "Lieblingsstück I" genannte Arbeit, mit der sie einen neuen künstlerischen Weg markieren will: Der Betrachter blickt auf ein unheimliches Gespinst aus dunklen Bäumen und Geäst, deren verzerrte Spiegelungen auf der Wasseroberfläche, ein durchscheinend, aber irgendwie einengendes Lochgitter sowie darüber wuchernde kahle, blaue Zweigen. Es herrscht eine Vielfalt, zu der auch Lamar Dreuth, Hans-Jürgen Hädicke, Holle Klein, Wolfgang Michaeli, Rose-Marie Koch, Renate Donecker, Mechthild Trimborn und Jürgen Kittel beitragen. Die Ausstellung kann noch bis zum 30. Juni besichtigt werden. Die Stadtgalerie ist dienstags, mittwochs und freitags von 12 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 15 Uhr geöffnet. (Fotos: Sott/Daberkow)



